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Von Rajasthan ging es weiter in den nächsten Bundesstaat Uttar Pradesh. Der erste Stopp war die Stadt Agra, die alte Hauptstadt des Mogulreiches. Hier befindet sich eines der sieben Weltwunder, das Taj Mahal neben weiteren Unesco-Kulturerbestätten.
Mir wurde gesagt, ich solle früh aufstehen, um zum Sonnenaufgang am Taj Mahal zu sein. Ich war natürlich nicht die Einzige und so war die Enttäuschung bei Vielen groß, dass nach Schlangestehen und Sicherheitskontrolle der Sonnenaufgang verpasst wurde (auch wenn einige angeblich offizielle Führer natürlich mit dem Versprechen gelockt haben, dass sie einen vorbei schleusen können). Das Licht und die Atmosphäre früh am Morgen waren trotzdem sehr schön und die Führer profilierten sich eigentlich mehr als Fotografen und gaben Anweisungen, wie man posieren sollte, statt viel zu den geschichtlichen Hintergründen zu erzählen. Na ja, die kann man ja auch nachlesen, aber einen Fotografen dabei zu haben, ist schon ganz schön. Besonders beeindruckend ist, dass die ganzen Verzierungen nicht gemalt, sondern aus kleinen Steinchen zusammen gepuzzelt sind. Auf die Führung in eine Werkstatt, wo das noch praktiziert wird, habe ich aber verzichtet (in der Annahme, dass es sich eher um eine Verkaufsveranstaltung handeln wird).

Die Tradition, solche prunkvollen Gebäude, insbesondere Grabstätten, zu errichten, zeigt sich natürlich auch in anderen Bauten. Teilweise haben sich da sogar später Kolonialherren beerdigen lassen, weil sie wohl auch eine prunkvolle Grabstätte haben wollten (John Russel Colvin in Agra Fort).

Von Agra aus wurde mir ein Tagesausflug nach Vrindavan empfohlen. Diese Stadt hat für Hindus eine besondere religiöse Bedeutung, da der Gott Krishna dort den Großteil seiner Kindheit verbracht haben soll. Dementsprechend gibt es dort sehr viele Tempel und man wird nicht wie in Bayern mit „Grüß Gott“, sondern mit „Hare Krishna“ gegrüßt.
In einige Tempelbereiche kommt man nur, wenn man das Hare Krishna Mantra fehlerfrei aufsagen kann. Teilweise erinnerte es etwas an einen Themenpark mit all den bunten Figuren.

Weiter auf religiösen Spuren ging es dann mit dem Nachtzug nach Varanasi. Man kann unterschiedliche Kategorien für den Nachtzug kaufen, aber aufgrund der großen Anzahl an pilgernden Menschen in diesem Jahr in der Gegend war es nicht ganz so einfach. Ich hatte ein paar Schwierigkeiten, mich am Bahnhof zu orientieren und auskunftsfähige Englisch sprechende Leute zu finden, aber es hat alles geklappt und ich war auch noch fit genug, um auf das oberste (dritte) Bett zu klettern. Es gab sogar eine Steckdose und Bettwäsche. Nur sitzen konnte man da oben nicht, aber das hatte ich in der Nacht eh nicht vor. Am nächsten Morgen wurde das mittlere Bett runter geklappt, so dass man auf dem unteren Bett sitzen konnte. Die Leute waren alle sehr nett und teilten gern ihre Snacks. In Varnasi angekommen bot sich erstmal ein Bild wie auf einem Festival. Die Leute campten vor dem Bahnhof und überall war Wäsche zum Trocknen aufgehängt. Mein Transfer klappte nicht wie besprochen, da der Zugang zum Bahnhof aufgrund der Menschenmassen gesperrt war. Ein paar Telefonate später fand sich dann aber doch noch eine Lösung. In der Zwischenzeit musste ich diverse Transportangebote ablehnen, gut gemeinte Ratschläge anhören und kam mir vor wie eine Statue, mit der alle Leute Fotos machen wollten. Ich hatte zu tun, da wieder raus zu kommen, aber es war unterhaltsam, auch wenn ich etwas müde war. Leider bekomme ich die Fotos dann immer alle nicht, aber vielleicht werde ich ja mal berühmt ;-).

Varanasi liegt direkt am Fluss Ganges, der als heilig gilt. Es ist eine der ältesten Städte und gilt als heiligste Stadt im Hinduismus. Dementsprechend ist es ein beliebter Pilgerort, um zu beten und sich im Ganges von den Sünden reinzuwaschen. Aufgrund des in der Nähe im Prayagraj stattfindenden Maha Kumbh Mela war auch Varanasi völlig überlaufen. Der Maha Kumbh Mela 2025 gilt wohl als die weltweit größte Veranstaltung mit geschätzten 660 Millionen Gästen. Ein Teil hat sich wohl gedacht, bei der Gelegenheit auch noch Varanasi zu besuchen. Es war wie ein riesiges Volksfest. Die Straßen waren teilweise gesperrt und der Verkehr war so schwierig, dass man für 15 km schon mal mehr als zwei Stunden einplanen musste. Auch auf dem Ganges waren so viele Schiffe und Boote unterwegs, dass es nicht mehr wirklich sicher war. Zum Glück war mein Hotel gleich am Flußufer, so dass ich dort entlang laufen konnte und trotzdem relativ ruhig untergebracht war. Ein Highlight war, dass ich am Abend eine Gruppe Studierender kennengelernt habe, die mich aufgenommen und rumgeführt und mit leckerem Essen versorgt haben inklusive gefüllter Betelblätter zum Nachtisch. Sie haben darauf bestanden, mich einzuladen und sogar noch einen Schal als Geschenk für mich gekauft. Das war eine tolle Erfahrung.

Aufgrund der schwierigen Verkehrslage fiel mein geplanter Ausflug aus und letztendlich wurde auch mein Ausflug zum Kumbh Mela abgesagt, weil man aufgrund von Straßensperren ca. 15 km zu Fuß laufen musste und das Reiseunternehmen Angst hatte, dass das zu viel für mich wäre und ich nicht wieder zum Auto zurück finde. Stattdessen wurde mir eine dreistündige Stadtbesichtigung am Nachmittag zu Fuß angeboten. Ich habe die Gelegenheit genutzt, um dabei zu fragen, warum ein heiliger Fluß wie der Ganges so schmutzig ist und warum die Leute in Indien ihre Heiligtümer nicht besser schützen und sauber halten. Als Antwort habe ich bekommen, dass die Gläubigen das Wasser des Ganges sogar trinken würden und es ihnen nicht schadet. Das würde natürlich nicht gelten für die Personen, die dem Hinduismus nicht folgen. Für diese Menschen wird der Ganges natürlich auch nicht die positive Wirkung haben, wenn sie darin baden. Es ist also alles nur eine Frage des Glaubens. Die Stadt ist voll mit alten Häusern, Gassen und Tempeln sowie Wandmalereien. Es gibt aber auch noch einen muslimischen Teil. Teilweise werden sogar alte Ställe, sowie das Kuhhaus, noch genutzt.

Am Vormittag habe ich mir auf eigene Faust mal die Universität angeschaut anstatt den geplanten Ausflug zu unternehmen. Über die schlechte Reiseplanung und den Ausfall von Ausflügen habe ich mich natürlich beim Reiseveranstalter beschwert. Im Gegensatz zu mir hätten sie die Situation eigentlich besser einschätzen können müssen. Aber das hilft dann in der Situation vor Ort ja nicht weiter. Also habe ich versucht, das Beste daraus zu machen und auch gleich noch die Gelegenheit zum Wäschewaschen am Morgen genutzt. Bis zum Abend konnte die gut auf der Dachterrasse trocknen.

Ich hatte mich durchgesetzt, dass ich zumindest meine versprochene Bootstour noch bekomme, weil man vom Wasser aus wirklich einen sehr guten Blick auf die Stadt hat. Aber unser Boot ist tatsächlich auch mit einem anderen Boot zusammen gestoßen. Zum Glück ist nichts passiert, aber ich wäre wahrscheinlich die Einzige gewesen, die schwimmen kann, wobei das bei dem Verkehr vielleicht auch nicht geholfen hätte. So konnte ich im Anschluss auf dem Heimweg noch die abendliche spirituelle Atmosphäre aufnehmen und das Treiben beobachten.

Die Alternative für den zweiten Tag war ein Ausflug nach Sarnath, was für seine buddhistischen Tempel und eine große Buddha-Statue bekannt ist. Da war der Andrang nicht ganz so groß.

Ich glaube, an den Tagen habe ich meinen Rekord an Schritten geknackt.
Am nächsten Tag ging es dann mit dem Zug weiter über die Landesgrenze nach Gaya.

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